In der Stunde des Gedenkens   „Stolpersteine in Gangelt“ hießen die Familien Rosendahl, Falkenstein oder Josephs. In der Lektüre, die die Klassen des 8. Schuljahres im Deutschunterricht lesen, heißt die Familie Schneider. Und wir finden sie im Buch „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter.

Die Familie wohnt in einem 3-Familienhaus; im Erdgeschoss Herr und Frau Resch. Dies sind die Hausbesitzer. Im 1. Stock wohnt die Familie des „Ich-Erzählers“, namenlos. Im 2. Stock finden wir die Familie Schneider. Eigentlich nichts Besonderes. Aber wenn wir uns die Zeit ansehen, in der die Geschichte spielt, dann haben wir den Bezug zu den „Stolpersteinen in Gangelt“. Die Familie Schneider sind deutsche Juden und die Geschichte des Buches spielt in den Jahren 1925 bis 1942. Die Kinder der Familien Schneider und des Ich-Erzählers sind Jungen, die sich, da sie im gleichen Haus wohnen und groß werden, schnell anfreunden. Auch die Familien kommen sich über ihre Kinder näher. Doch den Lauf der Geschichte können auch sie nicht aufhalten, und so endet die Geschichte auch nicht glücklich.

Zuerst noch in der Gesellschaft in Deutschland integriert, sieht man mit dem Fortgang der Geschichte, dass das Leben für die Schneiders immer schwieriger wird. Mit der „legalen“ Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 geht die Bedrohung los. Adolf Hitler ist zum Reichskanzler ernannt und kann seine Diktatur beginnen.

Vater Schneider verliert seine Arbeitsstelle als Beamter bei der Post, der Sohn muss die deutsche Schule im Jahre 1934 verlassen und eine jüdische Schule besuchen, er wird ausgegrenzt und, nicht zu vergessen, die Pogrome gegen die Juden beginnen. Und auch bei diesen Pogromen gehört die Familie Schneider zu den Opfern. Und sie müssen sich mit einem Vermieter auseinandersetzen, der durch und durch Nationalsozialist ist und die Juden von Grund auf hasst.

All das, was geschichtlich belegt ist, findet sich in dieser Lektüre wieder, so dass die Schüler die Entwicklung im nationalsozialistischen Reich an der Figur der Hauptperson Friedrich miterleben. Die Mutter wird Opfer bei den Pogromen im Jahre 1938, der Vater wird ins Konzentrationslager verschleppt. Und Friedrich versucht in diesen unruhigen Zeiten zu überleben. Er erhält aber nicht die Möglichkeit bei einem Luftangriff der Alliierten in den sicheren Luftschutzkeller zu flüchten, da der Hausvermieter Herr Resch, mittlerweile Luftschutzwart in seiner Wohngegend, darauf besteht, dass Friedrich den Keller wieder verlässt. Und nach Ende des Bombenangriffes im Jahre 1942 findet man Friedrich in einem Hauseingang sitzen – tot, den Angriff der Bomber hat er nicht überlebt.

Die Steigerung der Gewalt, die die jüdischen Bürger, die in Deutschland geblie-ben sind, ertragen müssen, nimmt von Monat zu Monat zu. Und mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 und dem Beginn des zweiten Weltkrieges wird die Herrschaft der Nationalsozialisten nur noch schlimmer. Auch begannen die Deportationen und die Vernichtung der Juden in den Konzentrationslagern im Osten des Reiches mit einer Brutalität, die so keiner für möglich gehalten hat.

Das Buch „Damals war es Friedrich“ von Hans Peter Richter macht betroffen und zeigt ganz deutlich, dass die Familie Schneider Opfer in der nationalsozialis-tischen Hetze und Politik geworden ist.

In dieser Lektüre soll den Schülern deshalb gezeigt werden,

      • wie Familien im 3. Reich in den Sog der nationalsozialistischen Ideologie gerieten,
      • wie es einem Bevölkerungsteil immer schlechter ging,
      • wie sich Menschen immer mehr in eine schlechte Richtung entwickelten,
      • wie man das Leben unschuldiger Menschen beschnitt und zerstörte,
      • wie Hass, Verteufelung, Mordgier immer größer wurden und auch nicht vor Kindern halt machte,
      • wie man durch Wegschauen, Angst und Schweigen Unterdrücker stärkt anstatt zu helfen und
      • wie man eingeschüchtert werden kann durch Unterdrückung und Propaganda.

Aber Deutsche jüdischen Glaubens gehörten zur Geschichte Deutschlands, waren Persönlichkeiten in ihren Gemeinden. Juden gestalteten und prägten die Welt, in der sie lebten, mit. Sie waren und sind Teil vielseitiger Geschichtspro-zesse. Und dies wurde auch bei den Veranstaltungen in Gangelt deutlich. Die ehe-maligen Wohnhäuser der jüdischen Familien in Gangelt bestehen noch, jedes Haus hat seine Geschichte, jede Familie hat sich am Leben in der Gemeinde Gangelt beteiligt, hat Puzzleteile ihres Lebens im Ort hinterlassen.

So ist zu der Stunde des „Gedenkens – Stolpersteine in Gangelt“ eine Brücke geschlagen worden, von dem die Deutschlehrer der 8. Jahrgangsstufe bei der Festlegung der Lektüre für den Deutschunterricht im letzten Jahr noch nichts wussten.

Die Schüler, die an den Veranstaltungen in Gangelt teilnahmen – und dies waren Schüler der achten Jahrgangsstufe -, haben somit nicht nur einen Bezug zu den geschichtlichen Ereignissen vor Ort, sondern können die Geschehnisse des Buches besser einordnen und auch den Mitschülerinnen und Mitschülern weitergeben, die an den beiden Veranstaltungen nicht teilnehmen konnten.

Somit bleibt Geschichte nicht im Raum stehen und ist nicht greifbar, sondern kann bewusst nachvollzogen werden. Anknüpfungspunkte sind gegeben und können gezielt mit in den Deutschunterricht einbezogen werden.

Bernd Gödde-Knippen

Gesamtschule Gangelt-Selfkant